Was die "Nachrichten für Stadt und Land" so über die Eisenbahn schrieb
Januar 1913
2. Januar 1913
Nachtragsetat der preußischen Eisenbahn-Verwaltung.
Ein Nachtragsetat der preußischen Eisenbähnverwaltung in der Höhe von 60 ooo 000 M ist, wie die „Tgl. Rsch." hört, in Vorbereitung. Die in dem Nachtragsetat angeforderten Mittel sollen zur Fahrzeugvermehrung und zur Herstellung von über 300 Kilometern weiterer Rangier - , Ueberholungs -, Lade - und Ausstellungsgeleise in jenen Direktionsbezirken verwendet werden, in denen sich in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten in der Abwickelung des Verkehrs ergeben haben.
Delmenhorst, 2. Jan. Im Interesse des Bahnbaues nach Lemwerder findet am Freitag in Tönjes Gasthaus eine Sitzung von Vertretern der Gemeinden Delmenhorst, Hasbergen und Altenesch statt . Daran werden Herren der Staatsregierung und Eisenbahnverwaltung , sowie Geheimrat Rabben als 'Vertreter des Amtes Delmenhorst teilnehmen . In der Hauptsache handelt es sich um eine gerechtere Verteilung der Baukosten. Ebenso wie Altenesch wird Hasbergen, welches ziemlich stark vorbelastet ist, verlangen, daß ihm ein Teil der Baukosten abgenommen wird. In dieser Gemeinde gesellt sich zu der Schwierigkeit der Baukosten auch die der vorgesehenen unglücklichen Lage der Haltestellen. Es sind also bei diesem Bahnbau noch große Schwierigkeiten zu überwinden.
3. Januar 1913
Während der Eisenbahnfahrt geisteskrank geworden?
Die „Bremer Nachr." schreiben: Während der Eisenbahnfahrt von Hannover nach Bremen fiel den Reisenden ein Mann auf, der während der Fahrt verschiedentlich versuchte, aus dem Zuge zu springen. Hieran wurde er von den Mitreisenden gehindert. Sie führten ihn am Bahnhof einem Polizeibeamten zu. Da er dort irre Reden führte, wurde er auf Anordnung eines Arztes in die Krankenanstalt gebracht. Es handelt sich um einen Angestellten aus dem Oldenburgischen.
Dienstrang- Ordnung;
Aus Wunsch veröffentlichen wir noch einmal die Einteilung der Rangklassen bei Hofe:
Aus dem Amtsbezirk Vechta, 2. Januar Die Arbeiten zum Bahnbau Damme-Hunteburg nehmen einen befriedigenden Verlauf. Gewaltige Sandmengen sind tagtäglich erforderlich zur Errichtung des Bahndammes. Sie werden auf der Strecke Holdorf-Damme gewonnen und in eigenen Sandzügen an Ort und Stelle befördert. Dem wiederholt gestellten Antrage, den bedeutenden Sandhügel, den die Bahn von Holdorf nach Damme täglich zu passieren hat, abzutragen und diese Sandmengen zur Einrichtung erstgenannter Strecke zu verwenden, steht die Eisenbahnverwaltung anscheinend unsympathisch gegenüber; wenigstens sind keinerlei Schritte von ihr gemacht worden, die auf Ausführung der Abtragungsarbeiten schließen lassen. — Mit Beginn des Frühjahrs werden die Erdarbeiten für die Errichtung des Eisenbahner-Erholungsheims unternommen werden.
Die Menagerie beim Eisenbahnzusarmmenstoß.
Daß Entweichen und Wiedereinfangen einer mächtigen Riesenschlange, eines großen Alligators und einer ganzen Anzahl kleinerer Schlangen war das aufregende und gefährliche
Nachspiel eines Eisenbahnzusammenstoßes, der sich am Sonntag in der Nähe von Wolverhampton auf der englischen Nordwestbahn ereignete und der glücklicherweise ohne erneuten Verlust von Menschenleben endete. Ein Sonderzug, in dem zwei reisende Theatergesellschaften untergebracht worden waren, hielt in der kleinen Station Ettingshall. In dem Zuge befanden sich die Pantomimentruppe des „ Grand Theatre", die „Jacques und die Bohnenstange" aufführen sollte, und eine zweite Gesellschaft, die ein großes Schaustück „West-australien" mimte und die 'Realistik ihrer Szenenbilder durch Pferde, Alligatoren und Schlangen zu erhöhen pflegte. Ein später von Wolverhampton abgehender Zug fuhr nun auf den in Ettingshall haltenden Theaterzug auf, zwei Wagen wurden zerbrochen und drei Reisenden erlitten eine schlimme Erschütterung, wenn sie auch durchweg ohne lebensgefährliche Verletzungen davonkamen . Als der erste Schreck überwunden war, harrte der Passagiere aber ein zweiter: bei dem Zusammenstoß waren drei Wagen, in denen drei Schlängen und der Alligator unrtergebracht waren, geborsten, und die gefährlichen Reptilren hatten die Gelegenheit benutzt, um die lang entbehrten Freuden der Freiheit auszukosten. Die größte Aufregung verursachte begreiflicherweise die große Riesenschlange, die unter den Anwesenden eine Panik hervorrief und vielleicht noch schlimmeres Unheil angestistet hätte, wenn nicht die australische Schlangenbändigerin Miß Cleo die Situation gerettet hätte. Es war kein leichtes Stück Arbeit, das mächtige Reptil wieder zu bändigen und zu seinem Kasten zurückzubringen. Inzwischen aber war der Alligator spurlos verschwunden und er wurde erst später entdeckt. Der tückische Geselle hatte im Bahnhof unter einem Gepäckwagen ein Asyl gefunden, von dem aus er drei Gepäckträgern einen heillosen Schrecken einjagte . Die Dunkelheit, in der sich alle diese Szenen abspielten , trug nicht wenig zur Aufregung der Reisenden bei und erschwerte auch der Tierbändigerin ihre Arbeit , weil sowohl die Reptilien, wie auch der Alligator immer wieder vor dem Lichte flohen. Aber schließlich gelang es doch die ganze Menagerie wieder zusammen zu bringen , und erst dann konnte mit den Aufräumungsarbeiten begonnen werden.
Edewecht, 2 . Jan. Seit zwei Jahren ist, im Amtsbezirk Westerstede keine Tierschau veranstaltet worden, für die nächste Schau ist Edewecht an der Reihe . Daß unser Ort nun auch dabei berücksichtigt wird, ist eine Folge der Eisenbahn. Der bündige 'Beschluß über die Abhaltung der Ausstellung wurde noch ausgesetzt bis zur nächsten Versammlung.
Auf unserer Eisenbahn herrschte alle Tage, besonders die Festtage über, ein flotter Verkehr. Daß die Bahn auch für den Güterverkehr große Bedeutung hat, davon zeugen die alle Tage beim Bahnhof ankommenden Güterwagen. Leider ist die Viehwaage immer noch nicht im Betrieb und die Schweinelieferung muß noch immer in Zwischeuahn erfolgen. Augenblicklich wird die Straße zum Bahnhof gepflastert, welche Arbeit in einigen Tagen fertig sein wird. Zum 15. Januar soll die Wirtschaft im Bahnhrf eröffnet werden . Fleißig benutzt wird die Bahn auch von Theaterbesuchern.
4. Januar
Wie man dem Wagenmangel auf der Eisenbahn entgegenwirkt.
In den Monaten Februar und März pflegt alljährlich ein gesteigerter Güterverkehr einzutreten, der besonders die bedeckten Güterwagm stark in Anspruch nimmt. In der Hauptsache kommen Düngemittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse in Frage. Da die Wirtschaftslage anhaltend günstig ist, rechnet die Eisenbahn-Verwaltung für die Monate Februar und März 1913 mit sehr starken Anforderungen an bedeckten Wagen. Damit diese Anforderungen möglichst rechtzeitig entsprochen werden kann, erscheint es dringend erwünscht, daß mit
dem Bezuge der Massensendungen für das Frühjahr frühzeitig, d. h . schon im Januar begonnen wird. Durch volle Ausnutzung des Ladegewichts der Güterwagen würde die Bedarfszahl an Wagen wesentlich eingeschränkt werden können; ferner würde die schleunigste Be - und Entladung der Wagen den Wagonumlauf verbessern. Die Verkehrtreibenden werden daher zum eigenen Vorteil und zum Vorteil der Gesamtheit dringend gebeten, sich den frühzeitigem Bezug ihres Frühjahrsbedarf angelegen sein zu lassen, das Ladegewicht der Wagen auszumutzen und die Wagen möglichst schnell zu behandeln. Hierbei wird noch besonders darauf hingewiesen, daß bei Ausnutzung des Ladegewichts der Güterwagen von 15 und mehr Tonnen Ladegewicht ein Frachtnachlaß gewährt wird.
Varel , 4. Jan . Wir teilten vor kurzem mit, daß unser Bahnhof jetzt im elektrischen Lichte erstrahle; eins ist aber vergessen worden, die Beleuchtung des Briefkastens! Früher wurde er von einer Gaslaterne beleuchtet, während er jetzt im Dunklen hängt. Der Brieflasten wird stark von Reisenden und Bürgerschaft benutzt. Bei Regenwetter wird das Sortieren der Briefschaften, welche Arbeit schnell erledigt werden muß, durch die trübe Beleuchtung sehr erschwert. Bei dem bekannten Entgegenkommen unserer Eisenbahndirektion hoffen wir, daß dieser kleine Uebelstand bald beseitigt wird.
Osternburg, 4. Jan . Die Bebauung des Schlackenweges geht in der erfreulichsten Weise vorwärts. In der Nähe der Bremer Chaussee ist fast alles in privatem Besitz befindliche Gelände parzelliert und zum guten Teil auch bereits mit netten Wohnhäusern bebaut. Durchweg siedelt sich hier Eisenbahnpersonal an, das gern in der Nähe der Arbeitsstätte wohnen möchte. Neuerdings setzt auch die Bebauung des dem Rangierbahnhofe naheliegenden Teils des Schlackenweges ein, und zwar siedeln sich auch hier unternehmende Bahnnbeamte an. Es sind z. Zt. mehrere Wohnhäuser dort im Bau. Für die am Schlackenwege mitten im Moor gelegenen Ländereien zahlt man jetzt für Kulturland bereits über
450 M pro Schefselsaat. Die Besitzer machen mit dem früher fast wertlosen Land jetzt nach der Ausschließung durch den Bahnbau vorzügliche Geschäfte.
Einer dieser "unternehmenden Bahnbeamten" war mein Ur-Großvater, welcher den Stammsitz vom Landmann Harms erwarb. Später wurde dieser Weg in Bahnhofsallee umgenannt. |
7. Januar
Sozialdemokratischer Parteitag. Im Sitzungssaale des Berliner Gewerkschaftshauses begannen gestern die Verhandlungen des vierten Parteitages der Sozialdemokratie Preußens, die im Zeichen der bevorstehenden Landtagswahl und des Wahlrechtskampfes in Preußen stehen.
Den Bericht der Landtagsfraktion erstattete Landtagsabgeordneter Redakteur Ströbel ( Berlin ), der betonte, daß die Zusammensetzung des preußischen Etats ein Spiegelbild der preußischen Politik überhaupt sei. Eingehend behandelte er die Finanzgebarung der Eisenbahn-Verwaltung und die Stellungnahme der einzelnen Parteien zu derselben. Das preußische Sparsystem trage die Schuld an dem vielbeklagten und vielbesprochenen Wagenmangel der preußischen Bahnen, zu welchem möglicherweise auch der Balkankrieg beigetragen haben könne. — In besonders ausführlicher Weise erläuterte der Referent hierauf die Lage der unteren Eisenbahnbeamten und -Arbeiter, der Bergbau- und Forstarbeiter, wobei er namentlich aus das Versagen des Zentrums und der Nationalliberalen in der Frage der Besserstellung dieser Kategorien hinwies . Seine Ausführungen fanden lebhaften Beifall.
Tweelbäke, 7. Jan. In den Kreisen hiesiger Landwirte macht sich eine Bewegung bemerkbar, die auf eine Verbesserung der Verbindung nach dem Verschiebebahnhof und nach Bümmerstede hinausgeht . Es handelt sich um den sogen. Sprungweg, der bei Posten 7 am Ostende des Verschiebebahnhofs die Osnabrücker Bahn schneidet, und den man mit einer Schlackendecke versehen möchte. Die Interessenten haben sich bereit erklärt, einen erheblichen Teil der Kosten selbst zu tragen. Man will an die Gemeinde um Unterstützung herantreten, wenigstens für den Teil des Sprungweges, der Gemeindeweg ist. Auch die Bahn soll um Beihilfe gebeten werden, da der Sprungweg vielfach von Eisenbahnern benutzt wird , denen eine gründliche Verbesserung die Möglichkeit geben würde , ihn überall mit dem Rad zu befahren.
Bümmerstede, 7. Jan. Ein Gesuch um Herstellung eines kurzen Ladegleises am östlichen Ende des Verschiebebahnhofs ( bei Posten 7) wurde von den hiesigen Eingesessenen an die Eisenbahn gerichtet. Die Sache ist für Bümmerstede, Streekermoor und den südwestlichen Teil von Tweelbäke von allergrößter Bedeutung. Insgesamt sind in diesen Gegenden noch etwa 1000 Hektar Ödland vorhanden, die sich zur Kultivierung eignen. Die Kulturarbeiten werden aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen ganz außerordentlich erschwert, weil
die erforderlichen großen Mengen künstlicher Düngemittel auf große Entfernung und stellenweise über sehr schlechte Wege herangeführt werden müssen. Die nächste Entladestelle ist die Haltestelle Osternburg. Von hier ans beträgt die Entfernung bis ins Bümmersteder Moor 7—8 Kilometer, wovon 2 —3 Kilometer sehr schlechte Sand - und Moorwege sind. Bis zum Strecker Moor kommen noch mehrere Kilometer schlechter Moorwege hinzu. Ein Gespann kann unter diesen Umständen höchstens 1500 Kilogramm laden, so daß zum Anfahren einer Ladung Kainit und Anbringen an Ort und Stelle 3 Gespanne 2— 3 Tage arbeiten müssen. Dadurch wird der künstliche Dünger so verteuert, daß seine Verwendung und damit die Kultivierung von Ödland vielfach unrentabel wird. Allem Übel wäre aber mit einem Schlage abgeholfen, wenn am Ostende des Verschiebebahnhofs ein kurzer Ladestrang gelegt würde, auf den 2 oder 3 Wagen gestellt und entladen werden könnten. Außerordentlich viel Zeit und unsägliche Mühe und Arbeit würden den Landwirten dadurch erspart. Zugleich könnte die Urbarmachung des Ödlandes sofort energisch begonnen werden. Kenner der Verhältnisse sind sich darüber einig, daß schon in den nächsten Jahren mehrere hundert Hektar kultiviert werden, wenn nur die Eisenbahn den kurzen Gleisstrang herstellt. Die Interessenten sind bereit, zu den Kosten beizutragen und auch etwa erforderliche Rangiergebühren zu bezahlen. Hier ist also im Interesse der Landeskultur mit geringen Kosten ein Werk zu schaffen, das reiche Früchte für die Allgemeinheit trägt . Auch vom Standpunkt der Eisenbahnfinanzen aus betrachtet, erscheint die Sache äußerst wünschenswert. Wenn im Bümmersteder, Strecker und Tweelbäker Moor Hunderte von Hektaren der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung erschlossen werden, so erfährt die Eisenbahn einen nicht unerheblichen Zuwachs an Düngemittel- und Viehtransporten, die ihren Einnahmen sehr zu Gute kommen. Außerdem würden sich auch noch andere Transporte einstellen, da der Bedarf an Steinen, Holz, Kalk und anderen Baumaterialien ebenfalls ein bedeutender sein würde. Man darf wohl hoffen, daß die Bahnverwaltung, die immer ein offenes Auge für wirtschaftliche Entwickelungs-Möglichkeiten gezeigt hat, auch hier die Gelegenheit ergreift, dem Bedürfnis entgegenzukommen. Im ganzen Oldenburger Land bietet sich Wohl keine zweite Gelegenheit, mit so geringen Aufwendungen einem so riesigen Kulurwerk die Wege zu ebnen.
Osternburg, 6. Jan. Durch Vermittelung des Bürgervereins haben bekanntlich die Interessenten des Carl Dählmanns-Weges den sog. Steenkenschen Weg angekauft, um eine Durchführung ihres Weges nach dem Herrenweg zu ermöglichen. Der Bürgerverein hat sich jetzt mit einem Gesuch an die Eisenbahndirektion gewandt, den Carl Dählmanns-Weg möglichst gradlinig nach dem Herrenweg durchzulegen. Als Gegenleistung wird die Abtretung des Steenkenschen Weges ohne Entschädigung angeboten. Die neue Wegeverbindung entspricht einem dringenden Bedürfnis, da durch sie eine wesentliche Erleichterung für den Verkehr zwischen dem Herrenweg und der Haltestelle Osternburg geschaffen wird.
Osternburg, 6. Jan. Man schreibt uns: Ein Projekt von größter Bedeutung für Osternburg auf dem Gebiete des Kleinwohnungswesens soll in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Der bekannte Bauunternehmer H. Luken gedenkt dein Vernehmen nach im Zusammenarbeiten mit dem Landwirt B . Rowehl und dem Wirt Prüfer deren Ländereien am Schlackenweg und in dessen Nähe aufzuteilen und zu ca. 50 Bauplätzen zu parzellieren; Die Bedingungen und die Lage sind so außerordentlich günstig, daß die Realisierung des Projekts so gut wie sicher ist. Das Gelände liegt gleich günstig zum Ort Osternburg und zum Rangierbahnhof. Es dürften sich vorwiegend Eisenbahner dort ansiedeln. Herr Lüken gedenkt ebenfalls
in eigener Regie auf dem Gelände Wohnhäuser zu errichten. Ferner wird wahrscheinlich der am Schützenhof erttlang führende Weg so ausgebaut werden, daß auch dort Bauplätze entstehen. Damit wäre ein bedeutsamer weiterer Schritt der Kolonisierung des Osternburger Moores getan.
Delmenhorst, 6. Jan. In Sachen des Bahnbaues Delmenhorst - Lemwerder fand in Tönjes Gasthofe „Zum schwarzen Roß" eine Sitzung der Gemeindevorstände Hasbergen und Altenesch und Vertreter des hiesigen Magistrats statt. Regierungsrat Rabben leitete die Verhandlungen . Er teilte mit, daß die Beiträge für die beteiligten Gemeinden auf
171 000 M veranschlagt seien. Vorgeschlagen wurde, diese Summe nach der den einzelnen Gemeinden zufallenden Eisenbahnlängen zu verteilen, also für Delmenhorst 49 000 M,
Hasbergen 130 000 M und Altenesch 292 000 M. Die Vertreter von Hasbergen und Altenesch erklärten, daß die Gemeinden einen derartig hohen Zuschuß nicht aufbringen
könnten. Sie waren vielmehr der Ansicht , daß Delmenhorst den größten Nutzen von der Bahn habe. Sie schlugen eine prozentuale Verteilung der Lasten vor, wonach Delmenhorst
60 Prozent, Altenesch 30 Prozent und Hasbergen 10 Prozent der Summe aufzubringen hätten. Außerdem machten die Vertreter Hasbergens hierzu noch die Bedingung, daß die
Bahn in der Gemeinde Hasbergen nördlicher gelegt würde, andernfalls lehnt Hasbergen jeglichen Zuschuß glatt ab. Diese Vorschläge werden nun zunächst wieder von den einzelnen
Gemeindevertretungen beraten werden.
8. Januar
Der Eisenbahnerverein „Kranzspende", der den Zweck verfolgt, die Mitglieder sowie deren Angehörigen bei Todesfällen finanziell zu unterstützen, hält laut heutiger Anzeige seinen diesjährigen Ball, verbunden mit Aufführungen, in den Räumen des Hotels zum Lindenhof am Freitag , den 10. d.M. ab. Der Verein hat sich durch seine früheren Feste einen guten Ruf erworben. (81)
In den neuesten Wochenberichten der Berliner Großbanken wird die Wirtschastslage durchweg übereinstimmend günstig beurteilt.
Die Dresdner Bank führt aus, die allgemeine Wirtschaftslage sehe immer noch nicht so aus, als ob die Pessimisten, die ein baldiges Abflauen Voraussagen, recht behalten sollten. Insbesondere sei die Situation am Montanmarkt durchaus günstig. Der Eisenmarkt zeige in alten Zweigen fast ausnahmslos eine feste Preistendenz . Insbesondere sei der Exportmarkt sehr fest geblieben, und England , Belgien und Amerika senden zuversichtliche Berichte. In Amerika werde der Bedarf für 1913 höher als im Vorjahre geschätzt. In Deutschland seien die großen Werke überreichlich beschäftigt, und alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß der Bedarf des Weltmarktes noch längere Zeit anhalten werde.
Auch die Berliner Handelsgesellschaft , die sich über das Thema eingehender verbreitet , und den geringeren Eingang neuer Aufträge bei den Hüttenwerken, abgesehen von der politischen Lage und der Geldknappheit, auch mit Inventuraufnahmen begründet, vertritt die gleiche Ansicht. Sie bemerkt, daß das durch die Kalamitäten der letzten Monate hervorgerufene Bestreben der Eisenbahn-Verwaltungen, die Verkehrs-Einrichtungen zu verbessern, sich schon jetzt in einem vermehrten Bezüge von schwerem Oberbau geltend mache und den Werken in kurzer Zeit auch größere Aufträge an. rollendem Material , Weichen und anderem Eisenbahnbedarf zuführen werde. Die Konsequenz der ganzen Situation sei eine außerordentliche Knappheit in Roheisen. Trotzdem sämtliche Hütten die Produktion forcieren, nahmen die Vorräte von Woche zu Woche ab und der Bedarf der Werke könne kaum befriedigt werden. Wenig übereinstimmend sind die Urteile der Ballten über den Geldmarkt . Die Berliner Handelsgesellschaft glaubt, es sei anzunehmen, daß für die nächste Zeit die rückläufige Bewegung des Diskontosatzes andauern werde. Die Dresdener Bank, die auch kurz vor der Erhöhung des Diskonisatzes der Sächsischen Bank entgegen anderen Banken die Lage des Geldmarktes pessimistischer beurteile, glaube, es sei nicht wahrscheinlich, daß der Rückgang des Privatdiskonts in nächster Zeit noch wesentliche Fortschritte machen werde. Der Geldmarkt dürfte vielmehr noch einige Zeit ein festes Aussehen behalten, zumal die bei der Reichsbank eingereichten langen Sichten noch längere Zeit hindurch den Status der Reichsbank beeinflussen dürften. (82)
Bildschmuck im Eisenbahnwagen.
Für den schönen Plan, unsere Eisenbahnwagen mit künstlerischen Städte- und Landschaftsbildern zu schmücken, hatte der Bund Deutscher Verkehrsvereine gemeinsam mit der Leipziger Akademie für graphische Künste und dem Deutschen Buchgewerbeverein einen Wettbewerb ausgeschrieben. Mehrfarbige Lithographien waren gewünscht, die in Rahmen unter Glas in den Eisenbahnabteilen ausgehängt werden sollen, vorläufig in denen der preußisch-hessischen und elsaß-lothringischen Eisenbahnverwaltung. Das Ergebnis des Wettbewerbes, dessen Preisrichter u. a. Max Klinger und Max Seliger waren, hat gezeigt, wie viel Interesse unsere Künstlerschaft an dm Schönheiten der Heimat hat. 19 Bilder wurden preisgekrönt und angekauft. Wir nennen darunter Ulrich Hübners Marine-Aquarell von Travemünde, M. Sterns Düsseldorfer Stadtbild, Ubbelohdes Blatt von
Lübeck, Hans Hartigs Stettin. (90)
Sitzung vom 8 . Januar , 2 Uhr.
Am Bundesratstisch : Wackerzapp.
Präsident Dr. Kaempfs begrüßt die Abgeordneten mit Wünschen zum neuen Jahre, gibt ein Danktelegramm des Prinzregenten Ludwig von Bayem bekannt und widmet dem am 30. Dezember 1912 verstorbenen Staatssekretär v . Kiderlen-Waechter ehrende Worte des Nachrufes. Auf der Tagesordnung steht die sozialdemokratische Interpellation über den
Wagenmangel im Ruhrrevier.
Abg. König ( Soz.): Die Industrie und die Arbeiterschaft war von den Erklärungen der Regierung im Abgeordneten und Herrenhause nicht befriedigt. Auch im Dezember machte
sich der Wagenmangel verstärkt bemerkbar, so daß die Industrie den Regierungserklärungen keinen Glauben mehr schenkte. Die Bahnhofsanlagen im Ruhrgebiet sind völlig unzureichend. Tausende von Bergarbeitern haben feiern müssen, weil der Verkehr stockte. Jede Regelung des Arbeitsmarktes wird durch den Wagenmangel unmöglich gemacht. Die Wirtschaftliche Entwickelung ist der Eisenbahn-Verwaltung über den Kopf gewachsen. Die Profitmacherei trägt die Schuld daran. Wenn Preußen erst einmal ein besseres Wahlrecht hat, wird es besser werden. ( Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Präsident des Reichseisenbahnamtes Wackerzapp: Der Wagenmangel im Ruhrrevier ist eine rein preußische Angelegenheit, wir können heute auf sie nur insoweit eingehen, als es die allgemeine Lage erfordert. Die Lohnverhältnisse können daher eine Besprechung nicht erfahren. Es kann nicht verlangt werden, daß jeder Verkehrszunahme sofort eine Personalvermehrung folgt. Die eigentliche Ursache des Wagenmangels liegt in der ungewöhnlichen Verkehrszunahme. Die Vermehrung der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen war im vergangenen Jahre größer als die normale Verkehrszunahme. Die baulichen Anlagen wären einer normalen Verkehrssteigerung Wohl gewachsen gewesen. Für die Zukunft
ist indessen reichlich vorgesorgt . Der preußische Minister hat im Abgeordnetenhause die zukünftigen Maßnahmen bereits eingehend besprochen. Wir hoffen, daß derartige Zustände nicht wiederkehren werden.
Auf Antrag des Abg. Haase ( Soz .) wird die Besprechung der Interpellation beschlossen.
Abg. Dr. Bell (Ztr.) : Die Eisenbahnverwaltung hat nicht in weitausfchauender Weife die Verkehrsentwickelung berücksichtigt. Schon vor sieben Jahren ist die Regierung auf Unzulänglichkeiten hingewiesen worden . Sie hatte also Zeit, Vorsorge zu treffen. Bei aller Anerkennung unserer Verwaltung muß man doch sagen, daß die Organisation des Verkehrs diesmal nicht genügt habe. Einer Sparsamkeit, die zur Verkehrshemmung wird , muß Einhalt geboten werden. Die jetzigen Anlagen sind unzulänglich . Wir hoffen, daß die Eisenbahnverwaltung in Zukunft ihren Versprechungen nachkommt.
Abg. Schwabach (nl.): Eine Beschränkung der Kritik auf die Eisenbahnverwaltung allein ist nicht am Platze . Da spielen noch andere Faktoren mit . Geeignete Maßnahmen wie die Vergrößerung des Tonnengehaltes der Wagen usw. sind verabsäumt worden; der Wagenmangel ist chronisch. Wir erwarten, daß die Regierung alles tue, um die Rückkehr der im Herbst beobachteten Mißstände für immer zu verhüten.
Abg. Graf Kanitz (kons.) : Wir bedauern den Wagenmangel und die durch diesen hervorgerufenen Mißstände . In keinem Lande der Welt sind die Bahnen so ausgiebig ausgestaltet wie in Preußen. Hoffentlich führen die jetzt beschlossenen Neubeschasfungen dazu, künftig allen 'Anforderungen entsprechen zu können. Daß die Finanzfrage in Preußen nicht ungebührlich in den Vordergrund gedrängt wird, zeigen drei Kanäle, die zur Entlastung der Bahnen geschaffen sind und die sich auch heute noch nicht verzinsen.
Abg. Dove (Fort. Vp.): Frei von aller Schuld ist die preußische Verwaltung keineswegs. Dieselben Schwiekigkeiten wie im Ruhrrevier treten in Oberschlesien hervor. Der Verkehrsstandpunkt tritt in Preußen oft hinter den fiskalischen zurück. Das Reichseisenbahnamt ist nicht stark genug, um die Verkehrsgesichtspunkte gegen Preußen zur Geltung zu bringen. Deshalb ist ein Reichseisenbahngesetz nach wie vor notwendig.
Abg. Softnski (Pole) : Der Wagenmängel ist auch in Oberschlesien stärker gewesen, als die Regierung zugibt. Die oberschlesischen Gruben berechnen ihren Verlust auf 7, die dortigen Bergarbeiter auf 3 Millionen.
Das Haus vertagt sich ans Donnerstag , 1 Uhr . Fortsetzung . Erste 'Lesung der Vorlage zur Konkurrenzklausel.
Schluß 6. 45 Uhr.(97)
10. Januar
Deutscher Technikerverband. Durch einen Erlaß des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten war den Bamteten und den auf Privatdienstvertrag angesstellten Eisenbahntechnikern die Mitgliedschaft im Bunde der technisch-industriellen Beamten und im Deutschen Technikerverband verboten worden. Der Deutsche Techniker-Verband richtete daraufhin an den Eisenbahnminister eine Eingabe, in der geltend gemacht wurde, daß nach der neuen Satzung des Verbandes für die in den Betrieben der Gemeinden oder des Staates beschäftigten technischen Beamten und Angestellten auf gemeinsame Kündigung und Arbeitsniederlegung ausdrücklich Verzicht geleistet werde. Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat daraufhin den königlichen Eisenbahndirektionen mitgeteilt, daß für ihn kein Anlaß mehr vorläge, den Angehörigen der Staatseisenbahnverwaltung die Mitgliedschaft im Deutschen Technikerverb ande zu untersagen. (112)
Deutscher Reichstag
Sitzung vom 9. Januar, 1 Uhr.
Am Bundesratstisch: Wackerzapp.
Die Besprechung der Interpellation zum Wagennmangel
wird fortgesetzt.
Abg. Frhr. v. Gamp ( Rp.): Die hier besprochenen Schäden für das Erwerbsleben sind allseits anerkannt. Man darf aber nicht übersehen, daß die Schwierigkeiten nicht so sehr in eigentlichem Wagenmangel liegen, als vielmehr in der Wagennot, d. h. in der Unmöglichkeit, die verfügbaren Wagen rechtzeitig dahin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Daß manche Bahnhofsanlagen unzulänglich sind, ist zuzugeben. Aufgabe der Tarifpolitik sollte sein, durch ermäßigte Tarife bis zum August die verkehrsreichen Monate Oktober und November zu entlasten.
Abg. Mumm ( Wirtsch. Bgg.): Ueber die unzureichenden Bahnhofs- und Gleisanlagen wird im Nordwesten längst geklagt. Der preußische Eisenbahnminister hingegen hielt die Betriebsanlagen noch vor Jahresfrist für ausreichend. Vieles wäre besser, wenn einst nach dem Willen Bismarcks Reichseisenbahnen geschaffen worden wären.
Präsident des Reichseisenbahnamts Wakkerzapp: Auch die Interessenten des Ruhrreviers haben die bevorstehende Verkehrszunahme wiederholt falsch eingeschätzt. Wenn nötig, unterläßt es das Reichseisenbahnamt nicht, anregend auf die einzelnen Verwaltungen einzuwirken.
Abg. Dittmann ( Soz.): Der preußische Partikularismus hätte durch einen preußischen Ressortminister nicht lebhafter verteidigt werden können, als durch den Präsidenten
des Reichseisenbahnamts . Es ist auch durchaus unwahr, daß die starke Verkehrszunahme überraschend gekommen wäre . Wie die Dinge liegen , werden wir im Herbst wieder eine große Verkehrsnot haben. Die Eisenbahnen dürfen eben nicht eine Einnahmequelle für den Staat bilden, nur um die steuerscheuen Junker zu schonen.
Abg. Dr. Böttger (natl.): Im Herbst war der Verkehr nach Belgien, Holland und Frankreich völlig unterbunden. Der Lohnausfall im westfälischen Kohlenrevier machte alles in allem 10 Millionen aus. Im ganzen kommen wir vielleicht auf ein wirtschaftliches Minus von 70 bis 80 Millionen. Auch im preußischen Abgeordnetenhause haben meine Freunde gegen den dem Verkehr Hemmnisse bereiten den Fiskalismus wiederholt Front gemacht.
Präsident Wackerzapp: Im Falle einer Mobilmachung würden Schwierigkeiten nicht hervortreten, da dann eine ganz andere Organisation in Kraft träte.
Die Erörterung schließt . — Die Angelegenheit ist erledigt. (115)
* Der Eisenbahnfahrbeamtenverein „Fahrzeit " feiert sein diesjähriges Stiftungsfest am Freitag den 17. Januar, im „Lindenhof" durch einen Ball mit Ausführungen und Verlosung. Der Vergnügungsausschuß hat schon mit den Vorbereitungen begonnen und so verspricht das Fest recht fidel zu werden. Der Verein kann schon auf ein lO jähriges Bestehen zurückblicken. (119)
Man schreibt uns : Auf der Versammlung des Hansabendes wurde in dem Handwerkervortrag auch auf die Schädigung des Handwerks durch die Konsumvereine hingewiesen. Da dürfte es für manchen lehrreich sein, einmal zu erfahren, wie sich die Mitglieder des Oldenburger Konsumvereins auf die einzelnen Berufe verteilen. Nach dem Jahresbericht für 1911
gehörten dem Verein an: 363 selbständige Landwirte, Gärtner, Förster, Fischer, 279 Gehilfen und Arbeiter bei der Land- und Forstwirtschaft, 87 Fabrikanten und Bauunternehmer, 950 selbständige Handwerker, 1209 Fabrikarbeiter, Handwerksgesellen, 93 selbständige Kaufleute und Händler, 65 Handlungskommis und sonstige kaufmännische Gehilfen, 123 Fuhrherren , Schiffseigentümer, Gast- und Schankwirte, 716 Briefträger, untere Eisenbahn-, Telegraphen- und Postbeamte, Eisenbahnarbeiter, unselbständige Schiffer , Kellner, 142 Dienstmänner, Dienstboten, 421 Aerzte, Apotheker , Lehrer, Künstler, Staats- und Gemeindebeamte, 482 Rentner, Pensionäre und andere Personen ohne Beruf, 4930 Personen also zusammen.
Interessant ist es auch, zu sehen, wie sich die Zunahme an Mitgliedern aus den einzelnen Berufsständen gestaltet; sie betrug seit dem Jahre 1909: bei den Aerzten, Staats- und Gemeindebeamten 2,6 Prozent, bei den Rentiers usw. 2 Prozent, bei den selbständigen Handwerkern 3 Prozent, bei den Dienstmännern usw. 3,6 Prozent, bei den Unterbeamten usw. 6 Proz. bei den Fabrikanten und Bauunternehmern 5 Prozent, bei den Fabrikarbeitern usw. 8 Prozent, bei den selbständigen Händlern und Kaufleuten 10 Prozent, bei den Fuhrherren, Wirten usw. 10 Prozent, bei den selbständigen Landwirten usw. 17 Prozent, bei den Gehilfen in der Land- und Forstwirtschaft 22 Prozent, bei den Handlungskommis und kaufmännischen Gehilfen 35 Prozent.
Man erkennt, wie gering in den beiden letzten Jahren bei den Beamten und Handwerkern und wie stark bei den Händlern, Kanfleuten, Kommis und Landwirten die Vermehrung gewesen ist. An wirklichen Staatsbediensteten sind etwa 800 Mitglieder des Konsumvereins. Wenn man bedenkt, daß im Bereiche des Oldenburger Konsumvereins über 3500 ihren Sitz haben, erkennt man, daß sie prozentual nur gering beteiligt sind.
Interessant ist auch noch die. Verschiedenheit der Zunahme bei den oberen bezw. mittleren und bei den unteren Beamtem In ersterem Falle beträgt sie 2,6 Prozent, in letzterem 6 Proz.
Die Höhe des Einkommens scheint also bei den Beamten in erheblichem Maße den Trieb zum Konsumverein abzuschwächen Verwunderung erregen wird vielleicht stellenweise die starke Zunahme der Landwirte im Konsumverein ( 17 Prozent ). Hier sind es wohl namentlich die vom Konsumverein feilgehaltenen Futtermittel, die den Eintritt veranlassen. (124)
In mancher Beziehung sei das Zustandekommen der Erhöhung sogar aus gewerblichen Kreisen stark gefördert worden. Dafür müsse man sich erkenntlich zeigen. Der gewerbliche Mittelstand sei meistens auch nicht auf Rosen gebettet; schwer müsse er bei der Konkurrenz der Großbetriebe und Konsumvereine um seine Existenz kämpfen. Seine Erhaltung und Kräftigung liege sehr im nationalen Interesse . Die Beamtenschaft habe also alle Ursache, ihm ihre Kaufkraft so weit als irgend möglich zuzuführen. Lebhafter Beifall folgte den Ausführungen, denen sich eine überaus anregende Debatte anschloß. Man erkannte die Richtigkeit der Ausführungen des Referenten an und beschloß, eine viergliedrige Kommission zu wählen, um mit dem Vareler Gewerbe- und Handelsverein in Verbindung zu treten . Etwa um 12 Uhr erreichte die Versammlung ihr Ende. (135)
* Der Eisenbahn-Fahrbeamten-Verein „Fahrzeit " feiert sein 19. Stiftungsfest Freitag, den 17 . Januar, in den Räumen des Hotels „ Zum Lindenhof " . Das Fest besteht aus Ball , Ausführungen und Verlosung . Der Verein, dessen Festlichkeiten stets gern von jung und alt besucht werden, wird auch in diesem Jahre alles aufbieten, um seinen Mitgliedern und Gästen einen genußreichen Abend zu bieten. Das Vergnügnngskomitee, dessen Leitung in bewährten Händen ist, wird alles ausbieten, damit auch der Humor zu seinem Rechte kommt. (Siehe Inserat.)
G. D. G. Bei der Einberufung der Zivilsupernumerare in den preußischen Eisenbahndienst gehen die Anwärter mit Reife für Oberprima den übrigen Bewerbern vor. Sie müssen gesund sein, normales Seh- und Hörvermögen haben und dürfen nicht farbenblind sein. Die Ausbildung dauert drei Jahre, während der der Supernumerar seinen Unterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten muß. Wird die Militärdienstzeit wäbrend der Ausbildungszeit abgeleistet, so kann die Ausbildungszeit verlängert werden. Angerechnet wird Militärdienstzeit nur bei Ableistung von Hebungen, aber nicht mehr als vier Monate. In der Ausbildungszeit soll der Supernumerar zunächst im Betriebsdienst beschäftigt werden, und zwar drei Monate bei der Fahrkartenausgabe, der Gepäckabfertigung, der Stationskasse und im Telegraphendienst einer Station mittlerer Größe. Dann folgt eine fünfmonatige Ausbildung im Güterabfertigungsdienst und eine zehnmonatige im äußeren und inneren Bahnhofsdienst. Daran schließt sich je eine halbmonatige Unterweisung im Geschäftsgebiete einer Betriebswerkmeisterei und einer Bahnmeisterei. Nach Beendigung dieses Ausbildungsabschnittes ist eine formlose Prüfung über die Befähigung zum Eisenbahnassistenten abzulegen. Die Ausbildung im Bureaudienst erstreckt sich auf eine dreimonatige Beschäftigung bei einer Betriebsinspektion und bei einer Verkehrsinspektion und eine elfmonatige in Direktionsbureaus. Nach dem Bestehr der Abschlußprüfung wird der Supermumerar Anwärter für die Stellen der Bahnhofs-, Güter- oder Kassenvorsteherstellen. In der Regel erfolgt die etatsmäßig Anstellung nach 6—7 Jahren. Bei tadelloser Führung und bei guten Leistungen kann dem Supernumerar im zweiten Ausbildungsiahr eine Besoldung von 360 und im dritten eine solche von 720 M gewährt werden. Das Gehalt der Bahnhofsvorsteher usw. geht von 2000— 4000 M (daneben wird Wohnungsgeld gezahlt). Ein späteres Aufrücken in die Stellen der Eisenbahn-Sekretärs, der Obrrbahnhofsvorsteher usw., die mit einer Höchstbesoldung von 4500 M und Wohnungsgeld dotiert sind, ist möglich. Wenden Sie sich an die Königl. Eisenbahndirektion Hannover. (147)
Auch das preußische Abgeordnetenhaus, das eine Neuregelung des Diätengesetzes betreibt, wird nach dieser neuesten Behandlung des Reichstages nicht darauf rechnen dürfen, fürseine Mitglieder die beantragte Freifahrt auf allen preußischen Eisenbahnen während der Dauer der Legislaturperiode zu erhalten. Den Abgeordneten einiger kleinen Einzelstaaten istja eben auch erst eine nur beschränkte Freifahrtkarte zugebilligt worden und selbst die Herren Mitglieder des Bundesrats sollen nur während der Session, nicht während der Legislaturperiode frei fahren dürfen. Da bei dem glänzenden Stand der preußischen Eisenbahnfinanzen der Einnahmeausfall für die rund 1000 deutschen Volksboten wahrhaftig nicht ins Gewicht fallen kann, muß man Wohl annehmen, daß lediglich und ausschließlich die Wertung der Freifahrtkarte als Erziehungsmittel die Schuld für diese Kleinlichkeit trägt . Ob der Reichstag bei der bevorstehenden Etatsberatung seinen Wunsch trotz des ablehnenden Bescheides wiederholt? Oder ob er gutwillig darauf verzichtet? Beide Wege könnten gut
begründet werden. (189)
Bildschmuck im Eisenbahnwagen. In einer Notiz vom 8. d.M. ist gesagt, daß von den auf den Wettbewerb hin eingegangenen Bildern 19 preisgekrönt und angekauft worden seien. Dies ist insofern unrichtig, als nicht 19, sonder 41 Bilder zur Ausführung angekauft und von diesen 20 wegen hervorragender künstlerischer Leistung mit besonderen Preisen ausgezeichnet worden sind. (190)
Die Mehr-Einnahme gegenüber dem Voranschlag beträgt also im Personenverkehr 522 400 Mk., im Güterverkehr 4 215 030 Mk. Es ist eine Gesamtmehreinnahme von 1 737 430 Mk. gegenüber dem Voranschläge vorhanden. Die Gesamteinnahmen der Oldenburger Staatsbahnen für das Jahr 1912 sind auf 20 214 OOO Mk veranschlagt. Tatsächlich werden sie aber, nach dem vorzüglichen Ergebnis des Verkehrs zu urteilen, etwa 22 000 000 betragen. Diese Vermehrung ist um so bedeutungsvoller, als im Jahre 1912 eine nicht unerhebliche Verminderung an Düngemitteltransporten eingetreten ist. Es handelt sich um die zur Ausfuhr über See bestimmten Kalisalze. Wegen der schlechten Wasserverhältnisse wurden sie 1911 in großen Mengen mit der Bahn nach Nordenham und dort aufs Schiff gebracht.
Im Jahre 1912 wurden diese Transporte aber meistens mit Bockschiffen angebracht. Wie außerordentlich stark die Entwickelung des Eisenbahnverkehrs in den letzten Fahren war,
dafür noch einige Zahlen . Die Verkehrseinnahmen betrugen 1909 14 517 649 Mk. 1910 15 902 797 Mk. 1911 17 627 415 Mk. jetzt. Wie bereits angeführt, nach den vorläufigen Ermittelungen 19 077 430 Mk. Mit Recht können wir Oldenburger stolz aus unser Eisenbahnwesen sein
Den Behörden wurden vorgebracht. In den Submissionsbedingungen war der Vorbehalt gemacht worden, daß der Submittent sich einen Mehr- oder Minderabzug von 20 Prozent gefallen lassen müsse. Dagegen hat man seinerzeit Front gemacht und erreicht, daß die Regierung sich mit 10 Prozent zufrieden erklärte. Die Eisenbahndirektion hat neuerdings ein Ausschreiben erlassen, in dem wieder 20 Proz. Bedingung waren. Außerdem will sie das Recht haben, das Angebot nur zum Teil anzunehmcn oder abzulehnen.
Auf eine Beschwerde ist von der Staatsregierung u. a. erwidert worden, daß die Eisenbahndirektion mit der Herabsetzung der Grenze von 20 auf 10 Prozent einverstanden sei, den anderen Vorbehalt müsse man sich aber machen. In dem Schreiben befindet sich noch ein Nachsatz, der aber verschieden gedeutet werden konnte. Hieran knüpfte sich eine sehr lebhafte Debatte, an der sich Hoftischlermstr. Freese, die Kaufleute Begung , Linnemann, L. Hahlo, W. M. Meher, Goldschmidt, Gramberg, Hüppe, Rechtsanwalt Fimmen, Rentner Winkler, Hofkürschnermeister Wicklers, Kleinhandelsbeamter Toepken, Syndikus Bartels beteiligten. Die Antwort der Staatsregiernng ist nach Ansicht der Redner nicht klar genug,
und man will um präzisere Mitteilungen bitten. — Es wurde u. a. auf die in Oldenburg erlassenen Submissionsbedingungen hingewiesen, die an sich ganz gut seien, der Fehler sei nur, daß sie nicht immer gehalten werden. Syndikus Bartels vom Hansabund wird in einer der nächsten Versammlungen einen Vortrag über das Submissionswesen halten.
Herr Klövekorn klagte über den mangelhaften Güterverkehr aus der Strecke Oldenburg—Bremen. Redner wies an der Hand von Frachtbriefen nach, daß Güter 1 - 4 Wochen unterwegs gewesen sind. — Auch von anderer Seite wurden ähnliche Klagen vorgebracht, aber die Verhältnisse sollen sich in der letzten Zeit etwas gebessert haben . — Herr Hahlo empfahl, sich in derartigen Fällen an Obergütervorsteher Brand zu wenden. Eventl. ist auch Redner bereit, die Sache in die Hand zu nehmen. (235)
Ernennungen und Ordensverleihungen
Beim gestrigen Ordensfeste erfolgten folgende Ernennungen:
Der Großherzog hat den Oberbaurat Freese in Oldenburg zum Geheimen Oberbaurat befördert, dem Kirchenrat Lueg in Birkenfeld den Titel Geheimer Kirchenrat, dem Steuerrat Bohlmann in Delmenhorst den Titel Geheimer Steuerrat verliehen, die Landrichter Dr . Högl und Zwetsch in Oldenburg zu Landgerichtsräten, die Oberlehrer Dr. Gcrken am Gymnasium in Oldenburg, Dr. Ommcn in Jever, Strube daselbst und Kösters in Vechta zu Professoren befördert, dem Pfarrer Werner in Idar den Titel Kirchenrat, dem Medizinalassessor Hayßen in Oldenburg und dem Oberärzte am Peter Friedrich Ludwig-Hospital in Oldenburg, Dr . Eden, den Titel Medizinalrat, dem Bahnarzte Dr . Blanke in Essen den Titel Sanitätsrat, den Amtstierärzten Brügmann in Atens und Tapken in Varel den Titel Veterinärrat, dem Vorsteher der Ackerbauschule und höheren Bürgerschule in Cloppenburg, Direktor Heyder, den Titel Oekonomierat verliehen, den Vermessungsinspektor Schmedes in Westerstede zum Obervermessungsinspektor, den Seminarmusiklehrer Götze in Oldenburg zum Musikdirektor, den Seminarlehrer Gründing in Vechta zum Senrinaroberlehrer befördert, dem Verwalter der Oldenburgischen Brandkasse, Haake, in Oldenburg, den Titel Inspektor verliehen, den Kassierer Schmidt daselbst zum Oberkassierer, den Zahlmeister Stolting daselbst zum Oberzahlmeister befördert, dem Registrator Runge daselbst den Titel Sekretär verliehen, den Amtseeinnehmer Becker in Oberstein zum Amtsrentmeister, den Eisenibahnrevisor Sieurer und den Eisenbahnrevisor z. D. Wiepken in Oldenburg zu Oberrevisoren, die Stationsvorsteher Rosenbohm daselbst und Hasselhorst in Brake zu Oberbahnhofsvorstehern befördert, den Buchhaltereigehilfen Weyers und Schuhmacher in Oldenburg die Dienstbezeichnung Buchhalter beigelegt, den Förstern Braß in Birkenfeld, Saling in Mörschied, Heindl im Hattgenstein, Petsch in Leisel und Kipp in Dodau den Titel Hegemeister verliehen
Haus- und Verdienstorden.
Der Großherzog hat zum Ordenstage verliehen:
Das Ehrenkomturkreuz: dem Flügeladjutanten Königlich Preußischen Oberst von Jordan, dem Kammerherrn Königlich Preußischen Oberstleunant a. D. v on Humann, dem Eisenbahndirektionsprästdenten Franke, Aktona.
Das Ehrenkomturkreuz mit den Schwertern am Ringe: dem Kammerherrn Königlich Preußischen Oberst a. D. von der Marwitz.
Das Offizierkreuz: dem Geheimen Archivrat Dr. Sello, dem Geheimen Oberregierungsrat Calmeyer-Schmedes, dem Geheimen Oberregierungsrat Ruhstrat, dem Oberbürgermeister Tappenbeck, dem Oberbaurat Schmidt, dem Königlich Preußischen Geheimen Baurat bei der Intendantur des zehnten Armeekorps, Koch, Hannover, Herrn Leopold Biermann, Bremen.
Das Ehrenritterkreuz erster Klasse: dem Oberforstmeister Braß, Birkenfeld , dem Geheimen Regierungsrat Rabben, Delmenhorst, dem Geheimen Justizrat Ostenvors, Vechta, dem Ersten Staatsanwalt Riesebieter, dem Oberbaurat Ricken, dem Oberverwaltungsgerichtsrat Dr . Driver, dem Kaiserlichen Postrat Kofahl, Oldenburg, dem Kaiserlichen Postrat Busse, Oldenburg, dem Rechtsanwalt Dr . Görtz, Lübeck.
Das Ehrenritterkreuz zweiter Klasse mit der silbernen Krone: dem Oberregierungsrat Willms, dem Oberlandesgerichtsrat Becker.
Das Ehreukreuz erster Klasse: dem Landeskassierer Kaiser hier, dem Amtsrentmeister Meiners, Varel, dem Arnisrentmeister Wöltjen hier, dem Amtsrentmeister Döhler, Eutin, dem Sekretär Wemmie hier, dem Sekretär Stein hier, dem Oberwerkmeister Feldman hier, dem Oberrevisor Goldsticker hier, dem Obereisenbahninspektor a. D. Degen hier, dem Katastersekretär Klotz in Eutin, dem Lehrer an der Oberrealschule in Oldenburg Dünne, dem Hauptlehrer Strakersah, Lübeck, dem Stadtkämmerer August Schwegmann hier, dem Sekretär bei der Landesversicherungsanftalt Friedrich Wilhelm Diekmann hier.
Das Ehrenkreuz erster Klasse mit den Schwertern am Ringe: dem Oberbahnhofsvorsteher Müller 2, Wilhelmshaven, dem Oberbahnhofsvorsteher Hügel, Delmenhorst, dem Oberbahnhofsvorsteher vor Mohr, Hude.
Das Ehrenkreuz zweiter Klasse: dem. Steueraufseher jKneehaus, Oldenburg, dem Steuerausseher Lehmann, Oldenburg, dem Steueraufseher Wertgen, Jever, dem Stationsvorsteher Griese, Eversburg, dem Stationsvorsteher Rabe, Elsfleth, dem Stationsvorsteher erster Klasse Hinrichs 1, Heidmühle , dem Lokomotivführer z. D. Müller1 , hier, dem Lokomotivführer z. D. Borrmann, Hude, dem Gerichtsvollzieher Körber, dem Gerichtsvollzieher Iellius, dem Polizeiwachtmeister Heinrich Meyer hier, dem Bauervogt Erbpächter Fritz Hoffman, Mori, dem Schöffen Jakob Caspari jun., Hirstein, dem Wagenleister Cassens, Ellwürden.
Das Ehrenkreuz dritter Klaffe: dem Stellwerkswärter Meyer 2, Hude, dem Hältepunktwärter Ahlers, Rahling, dem Bahnwärter Specht 2, auf Posten 8 der Strecke Sande -Jever, dem Bahnvorarbeiter Hainke, Bahnmeisterei Bramsche, dem Weichenwärter Töbelmann, Apen, dem Bahnwärter Sanders, aus Posten 8 der Strecke Oldenburg -Bremen , dem Wanderwärter Budde 2, auf Posten 24 der Strecke Oldenburg -Wilhelmshaven, dem Wagenmeister Heyne, Brake, dem Bremser Rodiek, Delmenhorst, dem Stellmacher Melchert hier, dem Stationsaufseher zweiter Klasse a. D. Runge, Heidkrug, dem Stationsvorsteher zweiter Klasse a. D . Averbeck , Langförden, dem Bahnvorarbeiter a. D. Hedenkamp, Brake, dem Holzwärter Julius Rabe, Pagentun, dem Holzwärter Wilhelm Pflug, Wehe, dem beeidigten Forstarbeiter Gerhard Gcerken, Klattenhof, dem Feldhüter und Gemeindediener Christian Lehendecker, dem Kirchendiener Muß, Ratekan, dem Oberpostschasfner Paradies, hier, dem Fabrikarbeiter Karl Schultze, Eutin 251
eigentümern erteilte Erlaubnis
zur Ausübung der
Jagd
Anlegung des Verschiebebahn-
hofs Oldenburg erworben sind,
wird hiermit zurückgenommen.
Oldenburg, d. 16. Jan . 1913.
Großherz . Eisenbahndirektion.
253
Unzeitgemäßes
-- Winter - Idyll. --
Der Winter treibt mit Eis und Schnee
Rings in der Stadt sein Wesen,
Da kommt Geheimrats Küchenfee,
Die Rieke, mit dem Besen.
Hei ! Stiebt der Schnee nach rechts und links,
Wie sie den Besen führet.
Nicht mehr bedarf es eines Winks
Des Schutzmanns, der gern spüret.
Der Milchmann fährt vorbei. Er „stoppt",
Nicht läßt sich Rieke stören.
Es grüßt die Post , der Schlachter foppt,
Doch nichts kann sie empören.
„Fertig !" Es ruht die blaue Hand;
n sel'gem Traum steht Rieke.
Träumt sie vom Schatz, vom Ofenbrand.
Von ihrer Feuerkieke?
O nein ! Es träumt die holde Fee:
Wie rings auf allen Wegen
Der Magistrat den Winterschnee
Vom Trottoir läßt fegen.
»
Trost.
,,Dem Verdienste seinen Orden,
seinen Titel, seinen Rang ! "
Also tönt in Süd und Norden
Wahrer Biedermänner Sang.
Und schon schwebt es leist hernieder:
Rang und Titel , Kreuz und Stern.
Wer da alt genug und bieder,
Den beglücken sie so gern.
Wohl uns ! Das Verdienst blüht reichlich
Rings im lieben , deutschen Land;
Denn an Zahl schier unvergleichlich
Waren diesmall Kreuz und Band.
Unsre Zeit soll keiner schelten,
Preisen soll sie mein Gedicht. - --- -
Guter Rat ist freilich selten,
Räte aber sind es nicht.
(259)
Es wurde des Interessanten so viel geboten, daß die tanzlustige Welt erst um ein Uhr zu ihrem Rechte kam.
Zur Sonntagsruhe im Handelsgewerbe.
Wo es sich um die Durchführung sozialpolitischer Forderungen handelt, ist die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft immer bereit, der Bewegung zur Verwirklichung der aufgestellten Forderungen ihre Unterstützung zu verleihen. Auch die Durchführung des Sonntagsladenschlusses wird im Wesentlichen mit davon abhängen, ob die große Masse der werktätigen Bevölkerung der Bewegung sympathisch gegenübersteht oder nicht. Nun hat schon wiederholt die Gewerkschaftskommission, die Vereinigung der freien Gewerkschaften, an ihre Mitglieder die Mahnung erlassen: „Kauft nicht an Sonntagen!" Aber mit dem guten Willen der Arbeiterschaft, den Einkauf an den Sonntagen zn unterlassen, ist es nicht getan; es muß vor allem auch die Möglichkeit für die Arbeiterbevölkerung geschaffen werden, an den Wochentagen einzukaufen um so auf den Einkauf an den Sonntagen zu verzichten. Und so ist denn die Forderung der Sonntagsruhe für das Handelsgewerbe eng verknüpft mit der Forderung auf Einführung der Freitgs-Lohnzahlung. Nun wird die Arbeiterschaft den Kampf um die Durchführung der Sonntagsruhe für das Handelsgewerbe keinesfalls dadurch erschweren wollen, daß die Durchführung der Sonntagsruhe von der Einführung der Freitagslohnzahlung abhängig gemacht wird. Aber es muß gesagt werden, daß die Freitagslohnzahlung die Durchführung der Sonntagsruhe ganz wesentlich erleichtern würde. Es würde dies dem Teile der Arbeiterschaft, der bei den teuren Lebensverhältmssen gezwungen ist, von der Hand in den Mund zu leben, eben die Möglichkeit geben, am Sonnabend schon den Einkauf besorgen zu können. Damit würde der Widerstand der Geschäftsinhaber, die da glauben, den Sonntag zum Verkauf nicht entbehren zu können, sehr bald gebrochen sein, denn wenn sie sehen, daß die Kundschaft den Einkauf wochentags erledigt hat, hat es ja keinen Zweck, am Sonntag die Läden offen zu halten. Dies aber der Landkundschaft wegen allein zu tun, dürfte sich nicht verlohnen , denn diese hat bestimmte Tage, wo sie zumeist zur Stadt kommt, um Einkäufe zu machen. Wer deshalb der Durchführung der Sonntagsruhe das Wort redet, muß mit dafür eintreten, die Freitags-Lohnzahlung einzuführen! Daß die Freitags-Lohnzahlung sehr wohl Durchführbar ohne jeden Nachteil für die Arbeitgeber ist, zeigt die Tatsache, daß dort wo man Freitags Lohn zahlt, sich dies auch bewährt hat. Auch hier gibt es bereits Arbeitgeber mit der Freitags-Lohnzahlung, wir nennen nur die .Eisenbahndirektion für die Werkstättenarbeiter, den Konsumverein, die Brauereien und eine Reihe Einzelpersonen, die aus freien Stücken oder auf Ersuchen der Arbeiterschaft dem Wunsche auf Freitags-Lohnzahlung nachgekommen sind. Eigentümlich berührt es, und das muß auch einmal gesagt werden, daß in den Druckereien der Presse am Ort, die schon so manchen Artikel für die Freitags-Lohnzahlung gebracht hat — diese selbst noch nicht eingefuhrt ist. Hoffentlich genügt die Feststellung dieser Tatsache, hier einmal mit gutem Beispiel voran zu gehen!
Oldenburg, 19. Januar 1913.
Die Gewerkschaftskommiffion
24 Uhr" Das italienische Vorbild, besonders im großen Verkehr — Eisenbahn! —, eine Vereinfachung der Zeitbestimmung herbeizusühren, indem man den Tag als ein Ganzes und nicht als zwei Hälften berechnet, das heißt die Uhren von 0—24 gehen läßt, findet immer mehr Anklang. Run hat auch der schpeizerische Bundesrat beschlossen, bei den Verkehrsanstalten die Stundenzählung bis 24 einzuführen, vorausgesetzt, daß Deutschland und Oesterreich-Ungarn sie ebenfalls einführen. Die Gesandtschaften in Berlin und Wien werden beauftragt, entsprechende Unterhandlungen einzuleiten, damit am 1 . Oktober 1913 oder am 1.Mai 1914 die neue Zählung eingeführt werden kann. Falls die Regierungen der beiden Länder sich nicht anschließen, behält sich der Bundesrat weitere Entschließungen vor.
Gegenwärtlg steht überall die Vorlage an den Reichstag wegen Monopolisierung des Petroleum-Zwischenhandels zur Verhandlung. Es hat Wohl den Anschein, daß der Gedanke verwirklicht werden wird, wenn es sich auch im Einzelnen noch nicht übersehen läßt, wie sich das Geschäft gestalten mag; im allgemeinen doch Wohl dahin, daß eine große Gesellschaft für Deutschland den Alleinvertrieb alles eingeführten (oder auch des im Inlande gewonnenen?) Erdöls unter gewissen Bedingungen und unter Aufsicht des Reiches erhalt.
Eine solche Ordnung regt unmittelbar die Idee wieder an, die zugunsten des Seeeinfuhrplatzes Nordenham in der zweiten Hälfte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts, als dort außer den Tanks auch das ausgedehnte Schuppenlager der Firma Schramm u. Co. sich befand, eingehend erörtert wurde. Wie drüben in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und vielleicht auch in anderen Petroleumgebieten Pipelines den Transport von den Gewinnungsstädten nach den Handels- und Ausfuhrhäfen besorgen, so liegt es nahe, dieselbe Arbeit von den Einfuhrhäfen nach den Plätzen des Zwischenhandels und des Verbrauchs durch Röhrenleitungen beschaffen zu lassen. Die Eisenbahnverwaltung ist jener Zeit diesem Gedanken näher getreten und hat ein vorläufiges Projekt nebst Kostenüberschlag ausgearbeitet, das für die Strecke Nordenham-Dortmund die Leitung und die nach Steigungsverhältnissen, Reibung usw. erforderlichen Unterwegs-Pumpstationen für die Hebung des Materials vorsah. Vielleicht ist es angezeigt, das Projekt wieder aufzunehmen.(313)
Der Verein oldenburgischer Eisenbahner, eine Vereinigung, der fast sämtliche Bedrenstete der verschiedenen Dienstzweige angehören, feiert am nächsten Sonntag in der „Rudelsburg" sein diesjähriges Winterfest. Wie in früheren Jahren, so wird auch in diesem Jahre eine Feier des Geburtstages des Kaisers damit verbunden. Den auswärtigen Mitgliedern nebst ihren Angehörigen wird zur Erleichterung des Besuchs dieses Festes freie Fahrt gewährt werden.(313)
Günstige Entwickelung der Eisenbahneimrahmen Deutschlands 1912. Die Verkehrseinnahmen der deutschen Eisenbahnen betrugen im Monat Dezember 1912 aus dem
Personenverkehr 68 071 309 Mk. (gegen das Vorjahr mehr 5 988 531 Mk.) und aus dem Güterverkehr 164 884 792 Mk. (mehr 11 457 401 Mk.) . Die Einnahmen pro Kilometer zeigen bei dem Personenverkehr ein Mehr von 102 Mk. oder 8,47 Prozent, bei dem Güterverkehr ein Mehr von 180 Mk. oder 6,20 Prozent. Nunmehr übersteigen die gesamten Einnahmen aus dem Personenverkehr im Jahre 1912 die des Vorjahres um ca. 47 900 000 Mk. und die gesamten Einnahmen aus dem Güterverkehr im Jahre 1912 die des Vorjahres um ca. 138 300 000 Mk.
Empfang genommen werden können. Diese Einrichtung ist hier schon vor vielen Jahren von Seiten des Gewerbe und Handelsvereins angeregt und von der Großherzoglichen Eisenbahdirdirektion in weitestgehendem Sirme durchgeführt worden. Die Kaufleute können sich fertige Blocks kaufen, mit Zeichen oder Adressen bedruckt oder beschrieben auf die Pakete kleben und diese dann zur Bahnstelle schicken. Der Käufer kann sich durch einen Abreiß-Kontrollzeitel als Empfänger legitimieren. Wenn diese Einrichtung in Vergessenheit geraten ist, so ist sie von den Kaufleuten und vom Publikum wohl nicht mehr benutzt worden. — Ebenso ist die Einrichtung der direkten Abfuhr der angekommenen Eilgüter von der Bahn an die Empfänger, wie auch die Abholung der Güter von dem Versender an die Bahnexpedition durch den Bahnspediteur von dem Gewerbe- und Handelsverein vor Jahren angeregt und von der Eisenbahn-Verwaltung durchgeführt. Ferner ist die Ladestraße vom Bahnhofsplatze zur Rosenstraße und zum Pferdemarktsplatze vor vielen Jahren angeregt. Zugleich soll darauf verwiesen werden, daß auch das Fernsprechamt hier auf Veranlassung des Gewerbe- und Handelsvereins hervorgerufen ist. Derzeit waren kaum und schwer 30 Teilnehmer zu finden und jetzt laufen zahllose Drähte über unsere Köpfe hinweg. Viele dieser Verkehrserleichterungen haben sich in der Zeit gut eingebürgert und sind nicht mehr zu entbehren.
Bremen, 24. Jan. Wieder einmal hat die Bürgerschaft sich mit der Frage befaßt, ob ihren Mitgliedern Diäten zu gewähren sind. Die diesbezüglichen Anträge der bürgerlichen Linken und der Sozialdemokraten wurden, wie zu erwarten war, abgelehnt. Aus der eingehenden Debatte über diese Frage wird eine Episode auch über Bremens Mauern hinaus interessieren, weil sie einen Irrtum aufklärt, der möglicherweise auch in anderen Parlamenten aufkommen könnte. Ein Abgeordneter Bremerhavens, Herr Madrian, teilte nämlich mit, daß das zuständige preußische Ministerium den Landtagsabgeordneten einiger thüringischer Staaten freie Eisenbahnfahrt zwischen ihrem Wohnorte und dem Sitze des Landtages gewährt habe. Nach dem Grundsätze: Was dem einen recht ist . . . , beantragte er, um diese Vergünstigung auch für die in Bremerhaven und Vegesack ansässigen Bürgerschaftsmitglieder (denen die Reisekosten zurzeit aus dem bremischen Staatssäckel ersetzt werden) nachzusuchen. Läge die Sache so, so würde der oldenburgische Landtag dem Beisprell folgen können, um seinen Mitgliedern aus den Fürstentümern die gleiche Vergünstigung zu erwirken, die erheblich über das hinausgeht, was ihnen gegenwärtig züsteht. Der Antrag Madrian wurde jedoch abgelehnt, da ein anderes Mitglied mitteilen konnte, daß den thüringischen Abgeordneten nur eine Hinfahrt zu Beginn und eine Rückfahrt nach Schluß der Session von Preußen zugestanden worden ist.(363)
Noch ein anderer Veteran bes Eisenbahndienstes ist gestern verschieden: Obereisenbahninspektor Holzberg. Der Verstorbene, der sich allgemeiner Wertschätzung erfreute, trat bekanntlich im August vorigen Jahres in den Ruhestand. Wir haben damals seine Verdienste um das Oldenburger Eisenbahnwesen ausführlich gewürdigt.(381)
Sein diesjähriges Winterfest hielt der über 3000 Mitglieder zählende Verein Oldenburgischer Eisenbahner gestern abend in der Rudelsburg ab. Die Teilnahme war eine ungemein große, namentlich von den auswärtigen Eisenbahnern. Um 4 Uhr war der große Saal der Rudelsburg schon vollständig besetzt. Das Fest, dessen Hauptinhalt der Festball bildete, nahm einen vorzüglichen Verlauf. Besonders in den Abendstunden erreichte das festliche Treiben einen Umfang, wie man es selten in Oldenburg sieht. Von der Eisenbahndirektion waren Eisendahndirektionspräsident Graepel, Regierungsrat Mutzenbecher und Regierungsbaumeister Müller anwesend. Reg.-Rat Mutzenbecher gedachte des Kaisers und des Großherzcgs mit begeisterten Worten. Sein Vorschlag, ein Huldigungstelegramm an den Großherzog zu senden, fand jubelnde Zustimmung. Lokomotivführer Beyer toastete auf die Eisenbahndirektion, dabei auf das außerordentliche Entgegenkommen hinweisend, das diese stets den Wünschen des Vereins und den Untergebenen gezeigt habe. Eisenbahndirektionspräsident Graepel erinnerte an die großen Verdienste, die der langjährige Vorsitzende, Regierungsrat Mutzenbecher, sich um den Verein erworben habe. Begeistert stimmten die Anwesenden in das diesem dargebrachte Hoch ein. Mit den Abendzügen verließen die meisten der auswärtigen Eisenbahner wieder die Residenz,in der sie
eine Reihe außerordentlich angenehmer Stunden verlebt hatten . Die überaus starke Beteiligung hat wieder einen schönen Ueberschuß erbracht, der dem geplanten Erholungsheim zu Gute kommt.(397)
Stimmen aus dem Publikum.
Ueber den Lohnzuschlag
waren die Beamten und Arbeiter im Staatsdienste in freudiger Erwartung. Nach den Verhandlungen des Landtages sollten alle Bediensteten unter 2000 Mk. Einkommen einen einmaligen Zuschlag für 1912 und eine fortlaufende Lohnerhöhung erhalten. Wie viel Pläne sind gemacht, und wie viel Nötiges ist schon angeschafft worden in Erwartung dieses Geldes! Aber für. viele sollte es anders kommen. Den Rottenarbeitern der Eisenbahn, die bekanntlich die ungünstigsten Lohnverhältnisse haben, wurde jetzt erklärt: Zulage gibt's nicht, ebenfalls keine Nachzahlung. Die paar Pfennige Lohnerhöhung, die in den letzten Jahren gegeben würden, sollen jetzt wieder ausgeglichen werden, und so kommen nur wenige in den Bezug dieses Geldes. Die meisten gehen leer aus und können zufrieden sein, daß man nichts von Hause wieder milbringen muß. Rechnerisch wird die Direktion recht haben, aber der Fernstehende wird es nicht begreifen können, wie Arbeiter, die bis 2000 Mk. verdienen, Zulage und 108 Mk. nachbezahlt erhalten, während die Rottenarbeiter, die einen Durchschnittslohn von 800 vis 1000 Mark erhalten, gar nichts oder nur einen Bruchteil davon bekommen. Dies kann doch unmöglich in der Absicht der Landtagsabgeordneten gelegen haben, und so hoffen die betreffenden Arbeiter noch, daß ihnen wenigstens die einmalige Zulage von 108 Mk. ohne Ausnahme ausbezahlt wird, gerade so, wie allen anderen. Der Stundenlohn kann dann noch so verrechnet werden, daß so ziemlich alle zufrieden werden. Wenn bei der Ungleichmäßigkeit einige Löhne dann um 1 oder 2 Mk. erhöht werden müssen, so wird der Landtag hieraus gewiß keinen Strick drehen. R.R.(403)
Die Lohnnachzahlungen für das Jahr 1912, die sog. Teuerungszulage, fanden für die Handwerker und Arbeiter der Eisenbahnwerkstätte gestern statt. Diejenigen für die Bahnunterhaltungsarbeiter, die übrigen Stationsarbeiter usw. folgen heute und morgen.