Gesetz über die Personalverhältnisse bei der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft
(Reichsbahn-Personalgesetz)
Vom 30. August 1924.

Der Reichstag hat das folgendes Gesetz beschlossen, das mit Zustimumung des Reichsrats hiermit verkündet wird:

§ 1 

(1} Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft übt die Befugnisse durch Beamte (Reichsbahnbeamte), Angegestellte und Arbeiter aus.

(2) Die Ernennung zum Reichsbahnbeamten setzt den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit voraus. Durch Staatsverträge festgelegte Ausnahmen bleiben unberührt.

§ 2

Soweit die Reichsbahnbeamten nicht unter dem ausdrücklichen Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung angestellt werden, gelten sie als auf Lebenszeit angestellt.

§ 3

(1) Der Reichsbahnbeamte hat seine Dienstgeschäfte unter Wahrung der Reichsverfassung und der Gesetze gewissenhaft wahrzunehmen und durch sein Verhalten in und außer dem Dienste der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu erweisen.

(2) Über Angelegenheiten der Gesellschaft, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder vorgeschrieben ist, hat der Reichsbahnbeamte Verschwiegenheit zu beobachten, auch nachdem das Dienstverhältnis gelöst ist. Bevor ein Reichsbahnbeamter als Sachverständiger ein außergerichtliches Gutachten abgibt, hat er dazu die Genehmigung einzuholen. Ebenso haben Reichsbahnbeamte, auch nachdem das Dienstverhältnis gelöst ist, ihr Zeugnis über Tatsachen, auf die sich ihre Verpflichtung zur Verschwiegenheit bezieht, insoweit zu verweigern, als sie nicht von dieser Verpflichtung ım Einzelfall entbunden sind.

(3) Die Ausübung eines Nebenerwerbes oder einer Nebenbeschäftigung, bei Eintritt in den Vorstand, Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft und die Annahme von Geschenken oder Belohnungen in Bezug auf ihre Dienstgeschäfte ist den Reichsbahnbeamten nur mit Genehmigung gestattet.

§ 4

Die einstweilen in den Ruhestand versetzten Reichsbahnbeamten sind bei Verlust des Wartegeldes zur Annahmne eines ihnen übertragenen Reichsamts oder eines ihnen angebotenen Gesellschaftdienstes verpflichtet, wenn das Amt oder der Dienst ihrer Berufsbildung und die Amts- oder Dienstbezeichnung sowie das Diensteinkommen der früheren Tätigkeit im Geselschaftsdienst entsprechen.

§ 5

(1) Die Dienststrafgerichte des Reichs sind für die Reichsbahnbeamten zuständig.

(2) Die. Reichsbahnbeamten sind für die Besetzung der entscheidenden Dienststrafgerichte wie Reichsbeamte zu behandeln.

(3) Die Personalordnung, bestimmt, welche Vorgesetzten für die Verhängung von Ordnungsstrafen zuständig sind.

§ 6

Die Reichsbahnbeamten haben für ihre Vertretung gegenüber der Gesellschaft die gleichen Rechte und Pflichten wie sie gesetzlich für die Reichsbeamten gegenüber der Reichsverwaltung gelten.

§ 7

Die Personalordnung kann für die Feststellung und Einbringung von Fehlbeträgen für die Reichsbahnbeamten Vorschriften in Anlehnung an die §§ 134 ff des Reichsbeamtengesetzes. treffen, Wobei die in der Personalordnung zu bezeichnenden Stellen der Gesellschaft die den Behörden zustehenden Befugnisse erhalten.

§ 8

Auf die Verfolgung vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem Reichsbahnbeamtenverhältnis sind die Bestimmungen der §§ 149 ff des Reichsbeamtengesetzes sinngemäß anzuwenden. Als oberste Reichsbehörde gilt der Generaldirekto.

§ 9

Auf die im unfallversicherungspflichtigen Betriebe beshäftigten Reichsbahnbeamten und deren Hinterbliebene finden die Vorschriften des Unfallfürsorgegesetzes vom 18. Juni 1901 (Reichsgesetzbl. S. 211) sinngemäß Anwendung.

§ 10

(1) Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft übernimmt auf dem Gebiete der Kranken-, Unfall-, Invaliden- und Angestelltenversicherung, desgleichen hinsichtlich der Zusatzversicherungen die Aufgaben der Reichsbahnverwaltung.

(2) Die Reichsversicherungsordnung und das Angestelltenversicherungsgesetz werden wie folgt geändert:

  1.  In den §§ 169, 172, 1234, 1235 der Reichsversicherungsordnung, ferner  im § 11 des Angestelltenversicherungsgesetzes werden hinter dem Worte „Reichs" eingefügt die Worte ‚,der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft".
  2. Im § 12 Abs. 1 Ziffer 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes werden hinter den Worten „Beamte des Reichs" eingefügt die Worte „der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft"; die Worte „im Reichs- oder Landesdienste" werden ersetzt durch die Worte „im Dienste des Reiche, der Deutschen Reichsbahngesellschaft oder eines Landes", Im § 12 Abs. 1 Ziffer 2 des Angestelltenversiherungsgesetzes werden die Worte „Angestellte in Eisenbahn-, Post- und Telegraphenbetrieben des Reichs oder der Länder" ersetzt durch die Worte „Augestellte im Post- und Telegraphenbetrieben des Reichs sowie Angestellte der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft".
  3. In § 1237 der Reichsversicherungsordnng und § 14 des Angeatelltenversicherungsgesegetz werden hinter Dem Worte „Reiche‘‘ eingefügt die Worte „der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft”.
  4. hinter § 625 der Reichsversicherungsordnung wird als § 626 eingefügt die Vorschrift:
    „Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft ist Träger der Versicherung, wenn der Betrieb für ihre Rechnung geht oder die Tättgkeit für ihre Rechnung ausgeübt wird.
  5. § 892 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung erhäl. folgende Fassung:
    „Das gleiche gilt für die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft, für Gemeinden, Gemeindeverbände und andere öffentliche Körperschaften, die Versicherungsträger sind. Die Ausführungsbehörden bestimmt die oberste Verwaltungsbehötde. Welche Stellen der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft als Ausführungsbehörden gelten, bestimmt die Personalordnung.“

§ 11

 Die nach § 1360 der Reichsversicherungordnung bestehenden Sonderanstalten der früheren Reichsbahn-Verwaltung werden als Sonderanstalten der Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft zugelassen. Ihre Rechte und Verpflichtungen gehen auf die neuen Sonderanstalten über.

§ 12

(1) Bei der Berechnung der aus der Gewährleistung in § 20 des Gesetzes. über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft sich ergebenden Bezüge ist der nach Reichsrecht erworbenen Dienstzeit die bei der Gesellschaft als Reichsbahnbeamter verbrachte Dienstzeit hinzuzurechnen. 

(2) Angestellte und Arbeiter, denen ein Rücktrittsrecht zum Unternehmen Deutsche Reichsbahn zusteht, können dieses Recht der Gesellschaft gegenüber ausüben. Die durch dieses Gesetz nicht geregelten Rechts - und Dienstverhältnisse der Bediensteten werden nach der Vorschrift im § 19 Abs. 1 des  Gesetzes. über die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft durch die Personal Ordnung geregelt.

Berlin, den 30. August 1924,

Der Reichspräsident 

Ebert

 Der Reichsverkehrsminister

Oeser

Der Reichsminister der Finanzen

Dr. Luther

Der Reichsarbeitsminister

Dr. Brauns