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S-Bahn
Tales and Crimes

Was sich so alles bei der S-Bahn seit über 100 Jahren an Interessanten und Kriminalität ereignet hat

Seit dem ich mit meinen Eltern 1988 in Berlin war habe ich mich in die S-Bahn verknallt. Vor allem in die alten Stadtbahnzüge von 1927. Darum möchte ich hier ein ganz klein wenig auf das was sich dort auch an unschönen Dingen seit über 100 Jahren ereignet hat.


29. Juni 1922

Nachrichten für Stadt und Land. - 29.6.1922

Die amtliche Darstellung des Berliner Unglücks

Das Reichsverkehrsminlsterium teilt mit:

Der Andrang der Reisenden auf die Stadt- und Ringbahn war heute mittag, da die Straßen- und Untergrundbahn um 12 Uhr den Betrieb einstellten, besonders stark. Auf dem Bahnhof Schönhauser Allee war ein starker Andrang zu dem gegen 1 Uhr 08 Minuten in Richtung Gesundbrunnen abfahrenden Zuge. Der Stationsbeamte veranlaßte die auf den Trittbrettern stehenden Reisenden abzusteigen. Eine große Zahl von ihnen sprang aber, als der Zug sich in Bewegung setzte, wieder auf, wie das von den Reisenden vielfach geschieht . Nach Angaben von Leichtverletzten soll sich der Unfall dadurch zugetragen haben, daß die Tür eines von Gesundbrunnen entgegenkommenden Stadtbahnzuges offen stand, nach anderer Lesart dadurch, daß aus einer nicht ganz geschlossenen Tür ein Rucksack und ein Lattenbündel herausgeragt haben. Dadurch sind anscheinend die auf dem erstgenannten Zuge auf den Trittbrettern stehenden Reisenden gestreift und heruntergerissen worden. Feuerwehr und Samariter waren sogleich zur Stelle, so daß in allerkürzester Zeit die Toten und Verletzten geborgen wurden. Man schätzt insgesamt 50 Opfer, darunter 15 Tote


30. März 1925

Jeversches Wochenblatt - 30. März 1925

Schreckensszenen auf Berliner Bahnhöfen.

Auf dem Bahnhof Westend hat sich heute nach Mitternacht eine wüste Schreckensszene ereignet, in deren Verlauf der Mechaniker Matthias Klein aus der Luisenstraße 16 den Eisenbahnassistenten Zastrow erschossen hat und fünf andere Personen, darunter den Arbeiter Reich, der am Bahnhof Westend wohnt, schwer verletzte. Der Täter ist festgenommen worden.

Der Stadtbahnzug, der von Charlottenburg gestern abend gegen 2:50 Uhr aus Westend einlief, wird dort aus dem Betrieb genommen. Ein Rangierer hat vorschriftsmäßig sämtliche Abteile des Zuges untersucht und in einem Abteil dritter Klasse einen Mann schlafend aufgefunden und geweckt, da der Leerzug nach dem Abstellbahnhof gebracht werden sollte.

Der Fahrgast schimpfte auf dem Bahnsteig herum und kam nach dem kleinen Hause, in dem sich die Zugbegleiter aufhalten. Dort setzte er seine Beleidigungen fort, und, da er auch hier nicht weichen wollte, ging der dort diensthabende Eisenbahnassistent Zastrow zum Telephon, um vom Bahnhof Hilfe herbeizurufen. In diesem Augenblick zog der Mann, der Mechaniker Mathias Klein aus der Luisenstraße, einen Revolver und schoß blindlings in das Zimmer. Einer der Schüsse traf den Eisenbahnaddistenten Zastrow, der sofort tot zusammenbrach.
Ein zweiter Beamter wurde auch vou mehreren Kugeln getroffen. Der Täter lief nach dem Bahnsteig C durch den Tunnel. In dem Tunnel schoß Klein auf seine Verfolger, von denen drei verletzt wurden. Es gelang Klein, einen Vorsprung zu gewinnen. Er erreichte den Bahnsteig C, sprang in einen dort leerstehenden Zug, nur sich zu verbergen. Dort wurde er aber entdeckt.

Als mehrere Personen in das Abteil, in dem er sich versteckt hatte, kamen, richtete er von neuem die inzwischen wieder geladene Waffe aus die Verfolger und traf den Arbeiter Wilhelm Reich mit mehreren Schüssen. Reich brach zusammen. Er hat einen schweren Hals- und Brustschuß erlitten, wurde später nach dem Krankenhaus Westend gebracht, wo er in bedenklichem Zustand liegt. Auch die vier anderen Verletzten sind ins Krankenhaus übergeführt worden. Nach heftiger Gegenwehr wurde Klein überwältigt und den inzwischen herbeigerufenen Polizeibeamten übergeben. Er behauptet, stark angetrunken gewesen zu sein.

Eine ähnliche Schreckenstat hat sich auf dem Hochbahnhof Prinzenstratße zugetragen. Dort hat gestern abend gegen 10 Uhr der angetrunkene Klempner Drönert aus der Reinickendorferstraße 72 versucht, die Sperre zu passieren, ohne seine Fahrkarte lochen zu lassen. Der Beamte wollte ihn zurückhalten. Der Betrunkene kam in große Wut, zog sein Messer und hat dem Koutrolleur Kollatschat aus der Warschauer Straße 84 mehrere Stiche am Kopf, im Gesicht und an den Armen beigebracht, so daß der Beamte blutüberströmt zusammenbrach und nach dem Urban-Krankenhause gebracht werden mußte.

Dort haben die Aerzte sich sofort um den Schwerverletzten bemüht, aber der Zustand ist doch derart ernst, das am Aufkommen des Beamten gezweilfelt wird. Drönert wurde vom Publikum gelyncht. Die Polizei konnte nur mit vieler Mühe den Betrunkenen aus den Händen des empörten Publikums herausholen und in Haft nehmen.


Vorwärts, 23. November 1927

Elektrisierung der Berliner Reichsbahn.
Vortrag des Reichsbahnoberrats Laenecke.

Auf Einladung des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin sprach am Montag aband im Meistersaal Rcichsbahnoberrot Dr. - Ing. L a e n e ck e, Professsor an der Technischen Hochschule zu Breslau, über die Elektrisierung der Stadt-, Ring- und Vorortbahnen. Die Beteutung , die der Verkehr auf diesen Strecken der Reichsbahn für Berlin hat, erhellt aus der Tatsache, daß der Fernverkehr von und noch Berlin täglich etwa 14O.OOO Peronen zu befördern hat, während die sämtlichen Berliner Verehrsmittel, also Reichsbahnen, Hochbahn, Straßenbahn und Autobus, nahezu 4 Millionen Menschen zu befördern haben.
Das Schlimme aber ist, daß sich diese 4 Millionen nicht gleichmäßig auf den ganzen Tag verteilen, sondern daß sich die Notwendigkeit ergibt, zur Zeit der Verkehrsspitzen, also in den Zeiten vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsschluß, ungeheure  zusammengeballte Massen schnell und sicher zu befördern, während in den Zwischenzeiten eine vollkommene Ebbe eintritt. Der Bahnhof Fürstenbrunn z. B. hat in der Zeit der Verkehrsspitze etwa 7000 Personen in der Stunde abzufertigen, während er außerhalb dieser Zeit nur hundert hat. Es hat sich nun, und zwar aus verkehrlichen, betrieblichen und wirtschaftlichen Gründen, die Notwendigkeit ergeben, die Stadt-, Ring- und Vorortbahnen zu elektrisieren, weil uns der elektrische Betrieb durch schnelle und leichte Unterteilung der Vollzüge in Dreiviertel-, Halb- und sogar Viertelzüge in den Stand setzt, sich diesem auf- und abschwellenden Verkehr anzupassen. Heute laufen über die Stadtbahn im Höchstfall 24 Züge pro Stunde, in Zukunft werden 40 Züge pro Stunde abgefertigt werden können. Vom Potsdamer Ringbahnhof gehen jetzt stündlich 12, in Zukunft 24 Züge ab. Beim elektrischen Betriebe fallen die vielen
Rangierarbeiten, die mit dem Umsetzen der Lokomotive , dem Wasser- und Kohlennehmen und Schwächen der Züge verbunden sind, fort. Der Betrieb wird einfacher, die Fahrzeiten werden um 23 Proz. verkürzt, und die Zugzahlen können vermehrt werden . Entscheidend für die Einführung des elektrischen Betriebes ist die wirtschaftliche Seite. Die Betriebskosten geben zurück, während die Ausgaben für Verzinsung und Amortisation des Anlagekapttals steigen. Die Personalkosten vermindern sich durch Einschränkung des Lokomotiv-Personals, Rangier- und Werkstättenperfonals. Der Redner betonte, daß die künftigen Triebwagenführer nicht so hohe Gehälter bekommen werden wie die jetzigen Lokomotivführer, und da jetzt etwa 1000 Züge laufen, so werde diese Ersparnis ganz erheblich sein. Es ergibt sich, daß trotz der höheren Ausgaben für die Verzinsung des Anlagekapitals die Elektrisierung wirtschaftlich ist.

Drei große Bauaufgaben sind zu lösen; nämlich 1. die Beschaffung, Umformung und Verteilung des elektrischen Stromes;
2. der Bau der neuen Wagen; 3. die Ausführung einer Reihe von baulichen Aenderungen. Der Strom wird von den BEW. und den Elektrowerken bzw. Trattendorf geliefert werden . Es wird selbsttätige Streckenblockierung eingeführt werden, was übrigens einen Austausch der eisernen Schranken gegen hölzerne zur Folge hat. Die Wagen werden nach den modernsten Grundsätzen gebaut. Die Stadtbahnwagen werden im Gegensatz zu den Wegen der Vorortzüge mehr Stehplätze aufweifen. Auch haben die neuen Stadtbahnzüge 110 Plätze weniger als die jetzigen Stadtbahnzüge. Nachdem die Strecken nach Bernau, Oranienburg und Velten bereits elektrisiert worden sind, sind jetzt die Strecken
Potsdam — Erkner einschließlich Stahnsdorf, Berlin — Grünau und Berlin — Kaulsdorf in Bau.

Durch den neuen Bahnofsbau zwischen Charlottenburg und Eichkamp wird Spandau endlich bessere Verbindungen bekommen. Für die neuen Wagen wird in Niederschöneweide eine große Werkstatt erbaut.

Der Vorträg wurde mit großem Beifall aufgenommen. Ein Diskussionsredner bemängelte allerdings mit Recht, daß der Vortrag auf die verkehrspolitische Seite gar nicht eingegangen sei, und allzu sehr die wirtschaftspolitische betont habe.


Vorwärts, 5. Dezember 1927

Ueberfall in einem Nordringzug.
Der Ueberfallene schwer verletzt.

Im Eisenbahnwagen wurde in der vergangenen Nacht ein 25 Jahre alter Maler Karl R. aus der Rauheimer Straße in Wilmersdorf überfallen. Er fuhr in einem Abteil 3. Klasse gegen 1 Uhr vom Gesundbrunnen nach dem Westen zu. Kurz vor
dem Bahnhof Westend bat ihn ein unbekannter Mann, der aus einem Nebenabteil zu ihm hereinkam, um Feuer und versetzte
ihm dann plötzlich einen Schlag auf den Magen und mit einem harten Gegenstände mehrere Hiebe über den Kopf. Der Ueberfallene sprang auf, griff nach oben, zog gerade noch die Notbremse und brach dann zusammen. Der Zug lief aber, bevor er ganz zum Stehen kam, zur Hälfte noch in den Bahnhof ein. So traute sich der Uebeltäter nicht, sich weiter mit seinem Opfer zu befassen, den er wahrscheinlich hat berauben wollen. Er muß aus dem Nebenabteil heraus rasch den Zug verlassen und sich sofort unter die anderen aufgeregten Fahrgäste gemengt haben. Ungehindert entkam er. R. war so schwer  verletzt, daß er nach dem Krankenhaus gebracht werden mußte. Der entkommene Räuber ist etwa 40 Jahre alt und hat einen kurzen schwarzen Spitzbart. Mitteilungen an das Raubdezernat im Polizeipräsidium.

Ueber den Ueberfall werden noch folgende Einzelbeiten bekannt: Ristau — so der Name des Ueberfallenen — hatte in Gesundbrunnen ein Raucherabteil 3. Klasse bestiegen. In der Putlitzstraße kam ein anderer Fahrgast hinzu, dem R. aber keine weitere Beobachtung schenkte. Auf der letzten Etappe des Stadtbahnzuges, zwischen den Stationen Jungfernheide und Westend, wurde R. von seinem Gegenüber um Feuer gebeten. In dem Augenblick, als er ahnungslos seine brennende Zigarette hinüberreichen wollte, fiel der Mann über R. her und schlug mit einem stumpfen Gegenstand auf ihn ein. Es gelang dem Ueberfallenen noch mit Aufbietung der letzten Kraft, die Notbremse zu ziehen, dann sank er bewußtlos zu Boden. Als das Zugpersonal nach der Ursache des Notsignales forschte und die Abteile durchsuchte, fand man R. mit einer schweren Schädelverletzung bewußtlos auf.


21. Dezember 1927 Mord an Dora Perske